Familienliebe: geht nicht ohne

FAMILIENLIEBE – geht nicht ohne…

Bereicherung

Liebe Eltern, liebe Fürsorgende,

unsere Sprache ist schon irgendwie witzig. Was dachtet ihr, als ihr den Titel gelesen habt? Bereicherung: Waren das nette Assoziationen, die euch in den Kopf kamen oder eher nicht? „Thomas bereichert sich“ ist wohl kaum als Kompliment für Thomas gemeint. Wenn Thomas jetzt sagen würde: „Die Begegnung mit Kerstin hat mich total bereichert“, klingt das in unseren Ohren schon schöner. Dabei geht es doch beide Male ums Bereichern, oder?

Je nachdem, wie wir bestimmte Begriffe verwenden, bekommen sie eine andere Bedeutung und lösen andere Bilder bei uns aus. Ein und dieselbe Sache kann – je nach Kontext – sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Beim „Bereichern“ verwenden wir die aktive Formulierung („jemand bereichert sich“) eher negativ. Die passive („jemand wird bereichert“) wirkt positiver.

Wie wir reden, macht viel aus. Wenn wir über Menschen sprechen, ist entscheidend, wie wir zu ihnen stehen.

Besonders deutlich macht das die Geschichte „Der liebende Blick“. Ihr könnt sie hier lesen:

Der liebende Blick

Der Mensch macht den Unterschied – aber auch, wie wir auf bestimmte Eigenschaften blicken. Ihr kennt das vielleicht aus eurer Familie: „Kian ist so richtig lebendig und voll Energie“ oder: „Kian stört dauernd und kann nicht stillsitzen.“ - „Was ich an Katharina liebe? Dass sie locker ist und auch mal fünf gerade sein lässt. Was mich nervt? Wenn sie Dinge so schludrig und ungenau macht.“ Geht es hier vielleicht jeweils um dieselbe Eigenschaft, die unterschiedlich gesehen wird?

Eine Eigenschaft ist erst mal eine Eigenschaft und nicht per se eine „Stärke“ oder eine „Schwäche“. Das wird auch im Berufsleben deutlich: Arbeitet der Kollege „sehr genau und gewissenhaft“ oder ist er „ein penibler, pedantischer Haarspalter“?

Neben dem Blick, den wir auf Eigenschaften werfen, gibt es auch den Kontext. Ein und dieselbe Eigenschaft ist in der einen Situation total hilfreich und in einer anderen problematisch. Eckart von Hirschhausen hat dazu eine wunderbare Geschichte verfasst:

Und was hat das nun mit Bereicherung zu tun? Ich bin der festen Überzeugung: ihr alle bereichert euch in der Familie gegenseitig auf positive Art und Weise – jeden Tag und immer wieder! Das ist im Alltag aber manchmal gar nicht so leicht wahrzunehmen. Wir sind eher darauf geeicht, das Problematische an einer Eigenschaft oder einem Verhalten zu sehen. „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ mag altbacken klingen, beschreibt aber leider immer noch wie viele Menschen denken. Lasst uns deshalb mal ganz bewusst mit der „Bereicherungsbrille“ auf eure Familie schauen. Wichtig: diese Brille ist nicht rosarot. Es ist nicht alles „immer irgendwie toll“. Doch die „Bereicherungsbrille“ weitet den Blick dafür, wie es eben auch sein kann.

Viel Spaß euch mit dieser Brille!

Wenn ihr auf den „Stärken“-Button drückt, wird euch per Zufall eine Stärke angezeigt. Überlegt dann, wer von euch die Familie besonders mit dieser Eigenschaft bereichert (das können auch mehrere Menschen sein 😉).

Stärke zeigen

Hier sind noch ein paar Eigenschaften, die Menschen haben können und ein paar Situationen. Sie werden nicht gerade schön oder hilfreich dargestellt. Überlegt mal: Wie könnte man sie bereichernd beschreiben?

Tippt danach auf die Beispiele und seht unsere Idee dazu. Die ist nicht besser oder schlechter als eure – sondern bietet euch einfach nur eine andere Sichtweise an:

„Madita ist ganz schön bestimmerisch.“
„Madita weiß, was sie möchte.“
„Mahmud fragt einem ein Loch in den Bauch.“
„Mahmud ist so richtig interessiert an uns.“
„Lukas ist heute Abend ganz schön laut und aufgedreht“
„Ohne Lukas wäre der Abend ganz schön langweilig geworden.“
„Samira nervt mit ihrer ewigen Einpackerei.“
„Samira sorgt dafür, dass wir beim Ausflug alles dabeihaben.“

Schreibt einander zu besonderen Anlässen (Ostern, Weihnachten, Geburtstage, … ) einen kleinen Zettel:
„Gut, dass du …“.
Den Satz beendet ihr mit etwas, bei dem ihr den*die andere*n als bereichernd erlebt. Die Zettel können an einer Stelle in eurer Wohnung gesammelt werden. Ein schöner Kraftort, wenn es einem Mal nicht so gut geht!

„Ich nehme dich an.“
Dich.
Nicht ein ideales Traumbild
von einem Supermann, einer Superfrau.
Ich meine wirklich dich:
diesen leibhaftigen Menschen vor mir.
Dich mit Haut und Haaren.
Mit den Grübchen am Kinn
und den zusammengewachsenen Brauen,
mit deinem Charme und deinen Macken,
mit deinen Pickeln und Schweißfüßen.
Dich nehme ich an.
So wie du bist.

[…]
Ich nehme dich an
mit deiner Kinderstube und deinen Manieren.
Mit dem, was du gelernt hast,
und dem was du nicht gelernt hast.
Mit den Verletzungen deiner Kindheit
und den Narben deiner Jugendjahre.
Mit deinen Stärken und deinen Schwächen,
mit deiner Sonnenseite und mit deinem Schatten.

Ja, auch das nehme ich an,
was du nur selbst schwer annehmen
kannst an dir.

Alles, was zu dir gehört:
Wie du dich entwickelt hast,
wie du jetzt bist,
wie du sein wirst in zehn Jahren.

Ich nehme dich an.
Mit all deinen Masken.
Denn ich sehe dich dahinter!
Diesen immer weiter wachsenden,
stacheligen, zärtlichen, spröden, herzlichen,
unausstehlichen, liebenswerten, kaputten, lebendigen,
menschlichen Menschen.
Dich nehme ich an.

Hermann Josef Coenen

Das gibt es hier: Silly – Deine Stärken

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